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Marketing: Shop ‘til you drop?

Jeden Fre­itag nach Thanks-Giv­ing und oft schon davor läuft im Einzel- und Online-Han­del der soge­nan­nte Black Fri­day. An und um diesen Tag lock der Han­del mit ange­blich sen­sa­tionellen Rabat­ten und ver­sucht die vor­wei­h­nachtliche Kau­flaune so richtig in Schwung zu brin­gen. Dass Überkon­sum nicht nach­haltig ist, ist nicht neu. Aber was sind die Hin­ter­gründe des Kaufrauschs?

Marketing ist eine Wissenschaft gegen die Kund*innen

Seit etwa einem Jahrhun­dert ist das Marketing1 die Wis­senschaft vom Erzeu­gen kün­stlich­er Bedarfe und ele­mentar­er Baustein der west­lichen Kon­sum- und Über­flussge­sellschaften. Ziel ist nicht die Zusam­men­führung von Ange­bot und Nach­frage, son­dern das Erzeu­gen von Bedar­fen zur Steigerung von Absatz und Gewinn.

Psychologie und Kaufverhalten

Wesentlich­es Ele­ment des Mar­ket­ings ist es, die Kaufentschei­dung der Kund*innen so zu manip­ulieren, dass das Gefühl ein­er eigen­ständi­gen und für sie vorteil­haften Entschei­dung beste­hen bleibt. Um dies zu erre­ichen wur­den Ver­hal­tens­muster von Men­schen inten­siv erforscht. Während zur Frühzeit des Mar­ket­ings empirische Erfahrun­gen und Psy­cholo­gie die entschei­den­den Meth­o­d­en zur Manip­u­la­tion des Kaufver­hal­tens liefer­ten, ist in den let­zten Jahrzehn­ten die mod­erne Hirn- und Kog­ni­tions­forschung die wis­senschaftliche Basis, auf der die Manip­u­la­tion der Kund*innen fusst.

Unsere Bedürfnisse und unser Belohnungssystem als Hebel

Als Jäger*innen und Sammler*innen sind die Men­schen es gewohnt zuzu­greifen, wenn Dinge beson­ders reich­lich vorhan­den sind und die Beschaf­fung mit gerin­gen Hür­den zu tun hat. Die ›low hang­ing fruits‹ nehmen wir gerne mit.

Im Gegen­zeit neigen wir dazu, bei zeitlich­er und mengemäßiger Verk­nap­pung dazu, schneller eine pos­i­tive Kaufentschei­dung zu tre­f­fen, damit uns die ›Beute‹ nicht ent­ge­ht. Auch dies nutzt der Han­del gnaden­los aus – ›nur für begren­zte Zeit‹, ›solange der Vor­rat reicht‹ usw. sind deutschliche Indika­toren für eine sug­gerierte Verk­nap­pung.

Auch eine sog. ›Som­mer­pause‹ bei Süßwaren dient nicht etwa der Halt­barkeit – längst herrschen im Win­ter wie im Som­mer die gle­ichen Lagerbe­din­gun­gen im Super­markt – son­dern der Verk­nap­pung zum Saiso­nende und dem kurzen Moment der Aufmerk­samkeit zum Saison­start. Im Gegen­satz zu einem Pro­dukt mit kon­tinuier­lichem Ange­bot ergeben sich so bere­its zwei Trig­ger­punk­te.

Handlungsempfehlungen zum bewußten Kauf

  • Seinen tat­säch­lichen Bedarf ken­nen
    Dinge, die benötigt wer­den in Lis­ten sam­meln und bei Ange­boten diese Liste mit dem Ange­bot abgle­ichen – Pro­duk­te, für die kein konkreter Bedarf existiert, wer­den nicht gekauft – dies gilt für Lebens­mit­tel eben­so wie für Kon­sumgüter.
    • Hier helfen Shop­ping-Lis­ten-Apps, die ide­al­er­weise auch gle­ich den für das Pro­dukt vorge­se­henen Kauf­preis enthal­ten.
  • Preise vor Rabat­tak­tio­nen prüfen und Preisver­lauf beacht­en (Schreinra­bat­te!)
  • Nicht hun­grig und nicht in Eile einkaufen
    Hun­grig (unterzuck­ert) oder in Eile ver­suchen wir Entschei­dun­gen schnell zu tre­f­fen, um die wichtigeren Bedürfnisse (Essen, Kind abholen, auf Toi­lette gehen…) zügig abzuar­beit­en. Im Sinne der Zeitökonomie tre­f­fen wir dann oft eine pos­i­tive Kon­sumentschei­dung, weil wir die Kaufentschei­dung son­st noch ein­mal neu starten müssten.
    • Wenn es doch dazu kommt ist die beste Option, den Kaufvor­gang zu pausieren, die Bedürfnisse klären und dann in Ruhe fortzuset­zen. Zeitlich wird dies nicht nachteilig aus­fall­en (da wir eh zum Essen, zum Kind oder auf die Toi­lette mussten), aber die Kaufentschei­dung wird entspan­nt deut­lich qual­i­fiziert­er aus­fall­en.
  • Immer aufrun­den
    800€ lösen im Kopf ein ganz anderes und real­is­tis­ch­ers Kosten­be­wußt­sein aus als 799€.
  • Rabat­te kri­tisch prüfen
    Jed­er Rabatt ist eine Attacke auf unser Beloh­nungssys­tem. Von Natur aus gibt es eine Rela­tion zwis­chen Aufwand und Nutzen – kon­sum­be­zo­gen also zwis­chen Pro­duk­twert und Preis. Ein Rabatt sug­geriert einen höheren Pro­duk­twert als für den Preis zu erwarten wäre. Aber viel Rabat­te sind manip­u­la­tiv:
    • Der Pro­duk­twert wird (im Vor­feld der Rabat­tak­tion) kün­stlich erhöht.
    • Der Rabatt bezieht sich auf den emp­fohle­nen Verkauf­spreis, nicht den mark­tüblichen Preis.
    • Der Rabatt kommt als Kop­pelgeschäft – der Preis ist gle­ich, aber es gibt eine Zugabe, die wir möglicher­weise gar nicht brauchen oder gewollt haben.
    • Der Rabatt zwingt uns, mehr zu kaufen als wir wollen (3 kaufen, 2 bezahlen / im Dop­pel­pack…), lagern oder auf­brauchen kön­nen.
    • Das Pro­dukt ist ver­al­tet und der Rabatt dient nur dem Abverkauf – das neue Pro­dukt hat aber bei ger­ingfügig höherem Preis ein wesentlich­es besseres Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis.
  • Vor­sicht bei Pake­tange­boten
    Pake­tange­bote und Kop­pelgeschäfte dienen meist nicht dem Vorteil der Nutzer*innen, son­dern der Erhöhung der Kom­plex­ität des Ange­bots und damit ein­er geziel­ten Über­forderung der Kund*innen. Dadurch ist es wiederum leichter, diesen einen Ange­botsvorteil zu ver­mit­teln – im Kun­denge­spräch oder als Mar­ket­ing­text – der für diese entwed­er nicht rel­e­vant oder aber gar nicht gegeben ist. Nach­haltig ist das meist nicht, weil Pro­duk­te in den Umlauf gelan­gen, die gar nicht benötigt wer­den.
  • Achtung beim Cross-Sell­ing
    ›Kun­den die sich das ansa­hen kauften auch…‹ und ähn­liche Ange­bote, die aus dem Kaufver­hal­ten eines Pro­duk­tes ein weit­eres poten­tielles Bedürf­nis bei den Kund*innen erken­nen und dieses dann gezielt adressieren, um weit­ere Umsätze zu gener­ieren sind der Ver­such, höheren Bedarf zu gener­ieren oder zumin­d­est poten­tiell vorhan­dene Bedarfe auf einen bes­timmten Anbi­eter zu lenken. Häu­fig wer­den aber bei einem Anbi­eter bewusst preiswerte Anker­pro­duk­te verkauft, während zu diesen passende Pro­duk­te im Mark­tver­gle­ich dann deut­lich teur­er sind. Bei den Käufer*innen wird dann auch auf die Bequem­lichkeit geset­zt.

Quellen

  1. Wikipedia zum Mar­ket­ing
  2. Wikipedia zur Bedürfnispyra­mide
  3. Wikipedia zum ›Black Fri­day‹
  4. Utopia zum ›Black Fri­day‹