Unser Freud – der Tiere Leid

Tra­di­tionell lan­den an den Wei­h­nachts­feierta­gen und über den Jahreswech­sel unzäh­lige Tiere in unseren Töpfen und Pfan­nen. Mit Nach­haltigkeit und Tier­wohl ist unser hoher Fleis­chkon­sum lei­der schw­er vere­in­bar. Trotz­dem ist Fleis­chverzicht für viele Men­schen weit­er­hin schw­er vorstell­bar. Diese Aus­gabe wid­met sich der Frage: »Wie umge­hen mit der Fleis­ches­lust?«.

Warum ist Fleisch problematisch?

Die ersten Leben­s­jahre ver­brachte ich auf dem Bauern­hof mein­er Großel­tern. Bei uns gab es Schafe, Ziegen, Schweine, Tauben, Kan­inchen, Enten, Gänse, Hüh­n­er, Bienen und natür­lich Hunde und Katzen. Aber mit meinen Kind­heit­serin­nerun­gen hat die heutige Massen­tier­hal­tung gar nichts mehr gemein. Obwohl wir direk­ten Zugang zu bestem Fleisch hat­ten, aßen wir damals weitaus weniger Fleisch als heute der durch­schnit­tliche Deutsche.

Zwei Aspek­te sind am Fleis­chver­brauch grund­sät­zlich prob­lema­tisch:

  • Der Ressourcenver­brauch für tierische Pro­duk­te ist im Ver­gle­ich zu ein­er rein pflan­zlichen Ernährung wesentlich höher, d.h. CO2-Emis­sio­nen, Wasserver­brauch und Flächenbe­darf. Hinzu kom­men Umwelt­be­las­tun­gen durch die Fäkalien und den massen­haften Ein­satz von Arzneimit­teln sowie höhere Energiekosten für Trans­port, Lagerung und Küh­lung. Beson­ders Rinder pro­duzieren außer­dem noch massen­haft Methan, dass ein noch prob­lema­tis­cheres Klima­gas ist als Kohlen­dioxyd.
  • Um das Tier­wohl ist es in der ›Fleis­chfab­rik Deutsch­land‹ schlecht bestellt. Die riesi­gen Fleis­chmen­gen zu im inter­na­tionalen Ver­gle­ich sehr niedri­gen Preisen erlauben nur die Hal­tung unter unwürdig­sten Bedin­gun­gen. Das begin­nt beim beteubungs­freien Kas­tri­eren von Fer­keln und beim Kück­en­schred­dern und endet find­et oft beim Schlacht­en nicht etwa ihr Ende, son­dern erlebt noch ein­mal einen unrühm­lichen Höhep­unkt. Skan­dale über Skan­dale sprechen eine klare Sprache.

Was tun?

Die kon­se­quenteste Antwort wäre es, den Fleis­chkon­sum voll­ständig einzustellen. Aus ver­schiede­nen kul­turellen, aber auch kuli­nar­ischen Grün­den fällt das vie­len nicht leicht. Trotz­dem sollte man seine Ess­ge­wohn­heit­en hin­ter­fra­gen.

Vor allem: weniger oder gar kein Fleisch konsumieren

Nicht jed­er ist von gestern auf gle­ich dazu bere­it, auf Fleisch zu verzicht­en, lebt also veg­e­tarisch. Noch weniger verzicht­en gän­zlich auf tierische Pro­duk­te, leben also veg­an. Diese kon­se­quente Leben­shal­tung ver­di­ent hohen Respekt, ist aber genau wegen der starken Umstel­lung der Lebens­ge­wohn­heit­en nicht jed­er­manns Sache.

Wenn man zu Wei­h­nacht­en trotz­dem etwas ändern möchte – wie wäre es damit:

  • Erset­zen Sie doch mal den klas­sis­chen Wei­h­nachts­brat­en z.B. durch einen englis­chen Nut-Roast (Nußbrat­en) oder aus­pro­bieren Sie zu Sil­vester ein veg­anes Käse­fon­due! Allein aus gesund­heitlichen Grün­den kann auch mehr Gemüse bei der hierzu­lande üblichen, mas­siv­en Völlerei für die Gesund­heit nur förder­lich sein.
  • Sofern man es mit sich über­haupt vere­in­baren kann, dass Tiere für einen ster­ben, ist dem Tier­wohl und auch der Umwelt­bi­lanz erhe­blich geholfen, wenn man den Fleis­chkon­sum drastisch reduziert. Meine Fam­i­lie hat sich dazu entsch­ieden, diesen Weg zu wählen, den man im Neudeutsch als ›Flex­i­taris­mus‹ beze­ich­net. Unseren Fleis­chkon­sum haben wir gegenüber 2015 um über 80% reduziert. Wenn alle das täten, hät­ten wir z.B. gar kein Prob­lem mit Massen­tier­hal­tung und Tier­wohl­fra­gen mehr.

Wenn man schon Fleisch, dann mit Bedacht

Acht­en Sie auf kurze Wege – Fleisch und Fisch aus regionalen Quellen und möglichst Bio-Qual­ität kann sich jed­er leis­ten, wenn er weniger, aber gut kauft.

  • Biofleisch gibt es in Weimar lei­der wenig, wer auf kurze Wege wert legt, sollte Biofleisch nicht im Super­markt kaufen, son­dern in der EVG.
  • Wer auf Bio verzichtet kann, hat in Weimar mehrere Direk­tver­mark­ter zur Wahl:
    • Die Fis­chzucht im Kirschbach­tal verkauft auch vor Wei­h­nacht­en und Neu­jahr.
    • Einen weit­eren lokalen Fis­cherei­be­trieb gibt es in Mellin­gen.
    • Die Gön­na­taler Wild und Geflügel­spezial­itäten bieten eine gute Auswahl bei (wahrschein­lich) akzept­ablen Hal­tungs­be­din­gun­gen mit hoher Qual­ität und fairen Preisen.
    • Gle­ich­es gilt für die Agrargenossen­schaft Bucha.

Wer einen Fleis­ch­er des Ver­trauens hat, sollte sich nach der Herkun­ft des Fleis­ches erkundi­gen – es hil­ft nichts, wenn ein hol­ländis­ches Schwein in Polen geschlachtet wurde und dann in Deutsch­land ver­ar­beit­et wird und über den Tre­sen geht. Han­delt es sich bei den Grund­la­gen der ange­bote­nen Pro­duk­te um sog. ›Zukäufe‹, sollte man beson­ders genau hin­hören.

Hörbeitrag in der Lotte-Mediathek